Beförderung gefährlicher Güter
Regelmäßig transportieren Lkw-Fahrer in ihren Fahrzeugen auch Waren mit gefährlichen Eigenschaften. Hierzu gehören brennbare, giftige oder explosive Güter, die sogenannten Gefahrgüter. Laut deutschem Gefahrgutbeförderungsgesetz sind hierunter Stoffe und Gegenstände zu verstehen, von denen aufgrund ihrer Natur, ihrer Eigenschaften oder ihres Zustandes im Zusammenhang mit der Beförderung Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, insbesondere für die Allgemeinheit, für wichtige Gemeingüter, für Leben und Gesundheit von Menschen sowie für Tiere und Sachen ausgehen können.
Da diese Beförderungen nicht an Landesgrenzen stoppen, gehört das Gefahrgutrecht zu den Rechtsgebieten, die der internationalen Zusammenarbeit schon sehr lange Rechnung tragen. Ursprung nationaler und internationaler Regelungen sind die Model Regulations on the Transport of Dangerous Good der UNECE, die auf das Jahr 1956 zurückgehen und seitdem regelmäßig überarbeitet werden. Eventuelle Änderungen können dabei auch schwere Unfälle zum Anlass haben. So führte zum Beispiel ein Unfall im Tauerntunnel im Jahr 1999, bei dem es durch einen mit 24.000 hochexplosiven Lackspraydosen beladenen Lkw zur Brandkatastrophe mit zwölf Getöteten und 42 Verletzten kam, zur Einführung von Restriktionen für die Beförderung gefährlicher Güter durch Straßentunnel.
Um den Spezifika der jeweiligen Verkehrsträger gerecht zu werden, werden von den Model Regulations folgende verkehrsträgerspezifische Vorschriften abgeleitet:
ADR: Europäisches Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (Accord européen relatif au transport international des marchandises Dangereuses par Route).
RID: Ordnung für die internationale Eisenbahnbeförderung gefährlicher Güter (Règlement concernant le transport international ferroviaire de marchandises dangereuses).
IMDG-Code: Internationaler Code für die Beförderung gefährlicher Güter mit Seeschiffen (International Maritime Code for Dangerous Goods).
ADN: Europäisches Übereinkommen über die Beförderung gefährlicher Güter auf Binnenwasserstraßen (Accord européen relatif au transport international des marchandises dangereuses par voie de navigation intérieure).
IATA-DGR: Regelwerk für den Transport von Gefahrgut im Luftverkehr (International Air Transport Association – Dangerous Goods Regulations).
Ausbildungspflichten im Gefahrgutstraßentransport
Für die Sicherheit der Gefahrguttransporte spielt erneut der Fahrzeugführer eine wichtige Rolle. Die Gefahrgutvorschriften für den Straßenverkehr (ADR) sehen daher die Ausbildung von Fahrzeugführern kennzeichnungspflichtiger Beförderungseinheiten vor. In Deutschland wird der Erwerb der ADR-Schulungsbescheinigung von den Industrie- und Handelskammern organisiert. Das Ausbildungssystem besteht aus Erstschulungen und Auffrischungsschulungen. Grundlage bildet der Basiskurs (BK). Fahrzeugführer dürfen damit Transporte im Stückgutbereich durchführen. Aufbauschulungen müssen für Beförderungen von Explosivstoffen (Aufbaukurs Klasse 1, AK1), Radioaktivtransporte (Aufbaukurs Klasse 7, AK7) und Beförderungen von Gefahrgütern in Tankoder Schüttgutfahrzeugen (Aufbaukurs Tank, AKT) absolviert werden. Eine Auffrischungsschulung inklusive Prüfung muss im Abstand von fünf Jahren bestanden werden. Möchte ein Fahrer alle Qualifikationen ablegen, muss er 48 Unterrichtseinheiten Schulung und vier Prüfungen absolvieren. Eine Durchfallquote von circa 20 Prozent im Jahr 2016 im Basiskurs zeigt, dass die Prüfung durchaus anspruchsvoll ist. Zu bedenken sollte geben, dass trotz des steigenden Güterverkehrs die Zahl der Prüfungsteilnehmer an der Erstschulung seit einigen Jahren sinkt.
Die europäischen Vorschriften sehen auch die Funktion eines Gefahrgutbeauftragten vor. Er soll das Unternehmen beraten und schon im Vorfeld für die Sicherheit der Beförderung sorgen, indem er zum Beispiel den Verpackungsvorgang oder die Auswahl der richtigen Fahrzeuge überwacht. Dadurch sorgt er an zentraler Stelle für die Sicherheit der Transporte. Wie bei den Gefahrgutfahrern wird die Ausbildung in Deutschland von den Industrie- und Handelskammern geregelt. Die Ausbildung selbst nehmen dann von der IHK anerkannte Unternehmen vor, sie gliedert sich dabei nach Verkehrsträgern (Straße, See, Binnenschiff, Schiene). Möchte ein Gefahrgutbeauftragter eine Qualifikation für alle Verkehrsträger erwerben, muss er 60 Unterrichtseinheiten Schulung absolvieren. Bevor er mit seiner Tätigkeit beginnen kann, muss aber auch hier eine Prüfung abgelegt werden. Die Durchfallquote von immerhin elf Prozent zeigt, dass eine gute Vorbereitung auf diese Prüfung unabdingbar ist.
Gefahrgutunfälle und Überwachungen
Wie bei anderen Betriebsbeauftragten kann auch der Gefahrgutbeauftragte extern bestellt werden, was vielen Unternehmen die Möglichkeit bietet, auf erfahrene Experten zuzugreifen. So sorgt DEKRA mit einem bundesweiten Netz von 120 Gefahrgutbeauftragten für sichere Transporte. Daneben fordern die Gefahrgutvorschriften die Unterweisung aller Personen, die am Gefahrguttransport beteiligt sind. Dazu zählen unter anderem Mitarbeiter, die Gefahrgüter verpacken oder auf den Lkw verladen. Für die Unterweisungen sind keine speziellen Zulassungen erforderlich, auch die Qualifikation des Unterweisenden ist nicht geregelt. Die einzig sinnvolle Qualifikation stellt aber eine Ausbildung zum Gefahrgutbeauftragten dar.
Die Gefahrgutvorschriften werden in Deutschland neben den zuständigen Landesbehörden durch die Polizei und das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) überwacht. Das BAG veröffentlicht einmal jährlich einen Jahresbericht. Im Jahr 2015 wurden demnach 20.171 Fahrzeuge kontrolliert. Davon wurden 2.968 Fahrzeuge beanstandet. Gut ausgebildete und unterweisende Mitarbeiter sowie die Betreuung durch einen erfahrenen Gefahrgutbeauftragten helfen diese Fehler zu vermeiden. Neben der Gefahr eines Unfalls kann so auch das Risiko von Bußgeldern und Verzögerungen im Transportverlauf minimiert werden.
Für das Jahr 2015 listet das Bundesamt für Straßenwesen 156 Gefahrgutunfälle auf deutschen Straßen auf. Bei 118 dieser Unfälle kam es zu Personenschäden. Dabei wurden vier Menschen getötet und 169 verletzt. Aussagen zum Gefahrgutaustritt werden in der Statistik nicht getroffen. Insgesamt Deutschland ein mit Aluminiumphosphid beladener Lkw in Brand geraten ist, zeigen aber die Gefahr, die von solchen Beförderungen ausgehen kann. Bei dem Unfall kam ein Mensch ums Leben, die Autobahn und auch die nahe gelegene ICE-Strecke mussten für mehrere Stunden gesperrt werden.