Besondere Gefährdungen von LKW-Fahrern: Alkohol, Drogen und Übermüdung
Bei der Analyse der deutschen Unfalldaten von Güterverkehrsfahrzeugen fällt auf, dass auch hier die Mehrzahl der Unfälle auf menschliches Fehlverhalten zurückzuführen ist. Neben fahrerischen Fehlern wie zu geringem Abstand oder nicht angepasster Geschwindigkeit stehen in Bezug auf die Fahrtüchtigkeit Alkohol und Übermüdung im Vordergrund.
Dabei gibt es bezüglich der Verbreitung von Alkohol und Drogen unter den Lkw-Fahrern im Güterverkehr große Unterschiede, wie eine systematische Analyse von Girotto und Kollegen aus dem Jahr 2013 zeigte. In dieser Meta-Analyse wurden sowohl Studien ausgewertet, in denen die Fahrer bezüglich ihres Alkohol- und Drogenkonsums Eigenangaben machten, als auch solche, in denen biologische Proben der Fahrer auf Alkohol und Drogen untersucht wurden. In 18 von 23 ausgewerteten Befragungsstudien wurde dabei Alkohol am häufigsten von den Fahrern bestätigt.
In den 15 Studien, die biologische Proben auswerteten, waren Amphetamine, Cannabis und Kokain am verbreitetsten. Im Durchschnitt wurde in 54,3 Prozent der Fälle der Konsum von Alkohol in einer Selbstauskunft eingeräumt – mit einer Spannbreite von 9,9 Prozent (Pakistan) bis 91 Prozent (Brasilien). Im Durchschnitt wurde in 3,6 Prozent der biologischen Proben Alkohol nachgewiesen mit einem Minimum von 0,1 Prozent (Australien und Norwegen) bis zu einem Maximum von 12,5 Prozent (USA). Die durchschnittliche Häufigkeit der selbst berichteten Amphetamineinnahme betrug 29,5 Prozent mit einer Spannbreite von 0,9 Prozent (Italien) bis 70 Prozent (Brasilien). In durchschnittlich 8,5 Prozent der biologischen Proben wurden Amphetamine nachgewiesen (zwischen 0,2 Prozent in Norwegen und 82,5 Prozent in Thailand). Der Konsum von Cannabis wurde durchschnittlich in 19,3 Prozent der untersuchten Fälle selbst berichtet und in 4,7 Prozent der biologischen Proben toxikologisch nachgewiesen. Außerdem wurden in einigen der analysierten Studien noch weitere psychotrope Substanzen gefunden, beispielsweise Opioide, Phentermin, Codein, koffeinbasierte Medikamente, Antihistamine und Benzodiazepine.
Die deutlichen Unterschiede in den Daten sind zum einen auf die verschiedenen Erhebungsmethoden zurückzuführen. In Körperflüssigkeiten können Alkohol und andere psychotrope Substanzen – je nach Konsummuster – nur bis zu einigen Stunden beziehungsweise Tagen nach der Einnahme nachgewiesen werden. Demnach sind solche Proben zwar sehr spezifisch im Nachweis der Stoffe, führen aber häufig zu einer Unterschätzung der tatsächlichen Auftretenshäufigkeit. Der Selbstbericht erlaubt diesbezüglich einen langfristigen Einblick in das Arbeitsleben der Fahrer und ihren Konsum psychotroper Substanzen. Allerdings unterliegt auch diese Methode gewissen Limitationen wie zum Beispiel Erinnerungsfehlern bei den Befragten, die Tendenz zu sozial erwünschten Antwortverhalten oder auch das bewusste Zurückhalten von Informationen aus Angst vor juristischen Konsequenzen. Darüber hinaus sind die Arbeitsbedingungen in den verschiedenen Ländern unterschiedlich zum Beispiel bezüglich des Be- und Entladens, der Infrastruktur oder auch der technischen Ausstattung der Fahrzeuge.
Die Autoren einer thailändischen Studie, bei der in 82,5 Prozent der Urinproben Amphetamine nachgewiesen worden sind, führen dies unter anderem auf die exzessiven Arbeitsstunden von 20 bis 22 Stunden zurück – sie schlussfolgern, dass die Einnahme psychotroper Substanzen bei schlechten Arbeitsbedingungen höher ist.