Mit Hightech Fehler kompensieren
Für mehr Verkehrssicherheit von Senioren befürworten viele Experten den Einsatz und die Weiterentwicklung von Assistenzsystemen. Denn diese Systeme können – neben zahlreichen weiteren Ausstattungsmerkmalen respektive Fahrzeugkonfigurationen – altersbedingte Defizite ausgleichen und dazu beitragen, dass auch ältere Fahrer seltener in Pkw-Unfälle verwickelt oder gar Hauptverursacher sind. Technologische Unterstützung schützt Senioren aber auch als Fußgänger oder Radfahrer.
Weniger sehen, schlechter hören, langsamer reagieren und dazu möglicherweise noch Bewegungseinschränkungen: Die körperlichen Voraussetzungen für eine sichere Teilnahme am Straßenverkehr werden mit zunehmendem Alter in der Regel nicht besser. Die abnehmende Leistungsfähigkeit infolge biologischer Alterungsprozesse und Erkrankungen spiegelt sich unter anderem auch in den Unfallzahlen wider. Beispiel Deutschland: Nach Angaben des Statistischen Bundesamts waren 2019 zwar „nur“ knapp 14 Prozent der an Pkw-Unfällen mit Personenschaden beteiligten Fahrer mindestens 65 Jahre alt. Waren aber solche älteren Fahrer an Unfällen beteiligt, trugen sie in circa 68 Prozent der Fälle die Hauptschuld. Bei den mindestens 75-Jährigen wurde sogar drei von vier unfallbeteiligten Pkw-Fahrern die Hauptschuld am Unfall angelastet. Wie im Kapitel Mensch ausgeführt, waren die häufigsten Fahrfehler von Senioren Missachten der Vorfahrt, Fehler beim Abbiegen, Wenden, Rückwärtsfahren oder Ein- und Anfahren sowie Abstandsfehler.
Neben der Änderung des Fahrverhaltens, zum Beispiel Vermeidung von Straßen oder Zeiten mit hoher Verkehrsdichte, von ungünstigen Witterungsbedingungen sowie von Dämmerungsund Dunkelheitsfahrten oder vorsichtigerer und langsamerer Fahrweise, sowie infrastrukturellen Maßnahmen lässt sich die Verkehrssicherheit speziell älterer Kraftfahreauch durch eine seniorengerechtere Ausstattung der Fahrzeuge mit Assistenz-, Informations- und Komfortsystemen erhöhen. Die Ansatzpunkte, mit denen den fahrrelevanten Leistungsveränderungen begegnet wird, lassen sich grob den Bereichen aktive und passive Sicherheit, Bedienung, Komfort und Fahren zuordnen, wobei die Schnittmenge dabei sehr groß und eine genaue Abgrenzung der einzelnen Merkmale oder Hilfsmittel nur selten möglich ist.
GUTE SICHT UND AUFGERÄUMTE COCKPITS
Grundsätzlich machen die stetig wachsende Zahl an selbst Pkw fahrenden Senioren und deren Bereitschaft, zum Erhalt der eigenen Mobilität „seniorengerechte“ Fahrzeuge zu beschaffen, diese in vielen Ländern finanzstarke Gruppe für die Automobilindustrie sehr interessant. Explizit als „Seniorenauto“ bezeichnete Modelle hat zwar keiner der großen Hersteller im Angebot, der Markt wird aber durch entsprechende Bauformen, in Kombination mit ausgewählten Komfort- und Sicherheitssystemen, bedient. Der Vorteil dabei: Es erfolgt keine Stigmatisierung von Fahrzeugmodellen oder Nutzern, gleichzeitig kommen die Vorteile allen Altersgruppen zugute.
In puncto Sicherheit spielen die direkte und indirekte Sicht, Fahrerassistenzsysteme und die Elemente der passiven Sicherheit eine wesentliche Rolle. Je weniger die direkte Sicht vom Fahrerplatz durch breite Säulen oder zu kleine Fenster eingeschränkt wird, desto weniger fallen körperliche Einschränkungen im Bereich des Oberkörpers und der Halswirbelsäule oder ein verkleinertes Gesichtsfeld ins Gewicht. Insbesondere die Windschutzscheibe muss eine Vielzahl an Kriterien erfüllen. Spiegelungen von Armaturenbrett oder anderen Fahrzeugkomponenten müssen bei unterschiedlichsten Lichtverhältnissen durch die Anordnung zueinander und die Materialwahl minimiert werden. Das durch die Scheibenwischer abgedeckte Wischfeld muss so gestaltet sein, dass bei Regen oder insbesondere auch Schneefall keine nennenswerten „Verbreiterungen“ der A-Säulen entstehen. Ein guter Blick auf Ampeln muss durch die Anordnung des Sitzes zur Windschutzscheibe und vor allem die Positionierung des Innenspiegels und der oftmals in diesem Bereich verbauten Sensorik/Kamerasysteme in allen Positionen der Sitzeinstellung ohne größere Verrenkungen möglich sein. Große und wenig verzerrende Rückspiegel ermöglichen eine schnellere Erfassung des rückwärtigen Verkehrs und tragen dazu bei, Unzulänglichkeiten beim Schulterblick zu kompensieren, auch wenn sie ihn nicht ersetzen können. Die Innenraumgestaltung muss dazu beitragen, dass der Blick mittels Innenspiegel durch die Heckscheibe möglichst wenig beeinträchtigt wird.
Ein aufgeräumtes Cockpit, sinnfällige und gut ablesbare Instrumente und eine übersichtliche, eindeutig strukturierte Benutzeroberfläche tragen wesentlich zur Entlastung der Fahrer bei und sorgen so für Sicherheit und Wohlbefinden. Displays und Anzeigeelemente müssen bei jedem Beleuchtungszustand kontrastreich gestaltet sein. Zahlen und andere Zeichen oder Symbole müssen groß genug und auch bei nur kurzer Blickzuwendung gut erkennbar sein. Während der Fahrt genutzte wesentliche Funktionen wie die Steuerung von Licht und Scheibenwischern, die Einstellung von Heizung und Lüftung oder die Regelung des Radios müssen ohne Blickzuwendung und mit haptischer Rückmeldung einfach bedient werden können. Mit Bildschirmmenü geführte Ein-Knopf-Bedienung oder Touchscreens führen schnell zu einer Überforderung oder gefährlichen Ablenkung.
In diesem Zusammenhang sei an ein im Frühjahr 2020 vom Oberlandesgericht Karlsruhe letztinstanzlich gefälltes Urteil erinnert, wonach in Deutschland auch herstellerseitig fest im Fahrzeug verbaute Touchscreens ähnlich wie Smartphones als elektronische Geräte gelten, die beim Fahren nur dann mit der Hand bedient werden dürfen, wenn dafür „eine kurze, den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen angepasste Blickzuwendung zum Gerät“ ausreicht. Das Urteil bezieht sich auf einen Unfall, der darauf zurückzuführen ist, dass der Fahrzeuglenker während eines Regenschauers versucht hatte, das Wischintervall des Scheibenwischers über ein Untermenü des im Fahrzeug verbauten Zentralbildschirms zu verstellen, und dadurch erheblich abgelenkt war. Das Urteil hat vor allem auch dahingehend Brisanz, dass Automobilhersteller verstärkt konventionelle Taster und Hebel durch Sensorfelder, Slider oder Bildschirme ersetzen und sich für einige Bedienelemente mitunter sogar noch die Beleuchtung sparen. Das dürfte die Bedienbarkeit insbesondere auch für Senioren nicht gerade erleichtern. Wenn schon sicherheitsrelevante Funktionen in Touchscreens verlegt werden, wäre eine Steuerung über Sprachbefehle oder Gesten zweifelsohne die bessere Option, um die Ablenkungszeit so kurz wie möglich zu halten.
Leider zeigen die gegenwärtig verkauften Neufahrzeuge aber auch eines ganz klar: Jeder Hersteller verbaut eigene Konzepte von Bediensystemen, die in sich schlüssig erscheinen, sich dank dem einen oder anderen Gimmick vom Wettbewerb abheben und nach eingehender Beschäftigung mit dem jeweiligen System auch gut bedienen lassen. Werden die Fahrzeuge aber selten genutzt oder Modelle verschiedener Hersteller gefahren, kommt die von den Herstellern beworbene intuitive Benutzung, insbesondere in Situationen, die eine schnelle Handlung erforderlich machen, an ihre Grenzen. Auch unterscheiden sich Sprachbefehle und Gesten zur Steuerung von Hersteller zu Hersteller, zum Teil aber auch schon innerhalb gleicher Fahrzeugtypen mit unterschiedlichen Infotainment-Systemen. Klar ist: Sicherheit muss bei allen designerischen Ambitionen und trotz aller ergonomischen und optischen Gesichtspunkte immer an erster Stelle stehen.
EXPLIZITE „SENIORENAUTOS“ HAT KEIN HERSTELLER IM ANGEBOT
WIE SICHER SIND AUTOMATIKGETRIEBE FÜR SENIOREN?
Rund um die Fahrzeuganschaffung dürfte sich in einigen Märkten für viele Senioren auch die Frage nach dem für sie passenden Pkw stellen: schon mit E-Antrieb oder doch weiter ein Verbrenner – dieser dann mit Schaltgetriebe oder Automatik? Grundsätzlich ist zum Beispiel in Deutschland der Marktanteil neuer Fahrzeuge mit Automatikgetriebe rasant gestiegen – er lag 2020 nach Aussagen der Deutschen Automobil Treuhand bei über 55 Prozent, 2010 waren es gerade mal knapp 28 Prozent. Das ist allerdings kein Vergleich zu den USA oder Japan, wo der Automatikanteil circa 90 Prozent beträgt. Für die Zukunft ist davon auszugehen, dass die manuelle Schaltung mit den Jahren noch weiter an Bedeutung verlieren wird – unter anderem auch deshalb, weil zahlreiche moderne Assistenzsysteme nur im Zusammenspiel mit Automatikgetrieben funktionieren und auch ein elektrischer Antrieb keiner Gangschaltung mehr bedarf.
Gerade auch viele Senioren entscheiden sich für Automatikgetriebe, da diese ein entspannteres Fahren ohne viele Schaltvorgänge ermöglichen und sich auch gesundheitliche Einschränkungen kompensieren lassen. Entscheidende Frage: Sind Fahrzeuge mit Automatikgetriebe unsicherer, da sie sich bei laufendem Motor, sofern das Bremspedal nicht gedrückt wird, ständig bewegen oder ist die Gefahr einer ungewollten Beschleunigung größer? Schließlich liest man in den Polizeiberichten immer wieder von älteren Fahrern, denen ihr Fahrzeug mit Automatikgetriebe außer Kontrolle geraten ist, weil sie das Brems- und Gaspedal verwechselt oder aus Versehen den Rückwärtsgang eingelegt haben. Um derartige Bedienungsfehler und daraus oft resultierende Panikreaktionen zu vermeiden, sollten sich Senioren vor dem Kauf eines Automatikwagens im Idealfall von Fahrlehrern die Besonderheiten eines solchen Getriebes zeigen lassen beziehungsweise im Rahmen von Fahrtrainings die Beherrschung von Grenzsituationen einüben. Experten raten außerdem, den Umstieg auf die Automatik möglichst rechtzeitig anzugehen, um so die hierfür nötige Routine zu einer Zeit zu erlangen, in der das kognitive Leistungsvermögen noch ohne größere altersbedingte Einbußen vorhanden ist. Unterm Strich spricht aber vieles für die Automatik, da die Konzentration noch besser auf das Verkehrsgeschehen gelenkt werden kann.
HOHES NUTZENPOTENZIAL VON FAHRERASSISTENZSYSTEMEN
In Sachen Fahrerassistenzsysteme weisen insbesondere solche ein besonders für Senioren hohes Nutzenpotenzial auf, die in komplexen und anspruchsvollen Verkehrssituationen unterstützen. Dazu gehören Kreuzungsassistenten, Totwinkelwarner beziehungsweise Spurwechselassistenten, Nachtsichtsysteme oder Notbremsassistenten, aber auch Navigationssysteme mit aktuellem Kartenstand und klaren akustischen sowie optischen Anweisungen. Verkehrszeichenassistenten, die kamerabasiert die ortszulässige Höchstgeschwindigkeit erkennen und auf der Armaturentafel anzeigen, helfen ebenfalls, Defizite in einem gewissen Rahmen bei der Aufmerksamkeit zu kompensieren, und verleihen ein zusätzliches Gefühl der Sicherheit. Auch Rückfahrkamera und Einparkhilfen können Stresssituationen abmildern und so zu mehr Sicherheit beitragen. Gerade bei Dämmerung und Dunkelheit können intelligente Lichtsysteme oder Fernlichtassistenten helfen, das nachlassende Dämmerungs- und Dunkelheitssehvermögen teilweise zu kompensieren, ohne die Aufmerksamkeit des Fahrers zu sehr auf den Fernlichtschalter zu lenken. E-Call-Systeme, am besten mit zusätzlicher Service-Ruf-Funktionalität, können in der Gesamtheit zu einem sichereren Gefühl beitragen und in Unfall- oder Pannensituationen Stress reduzieren.
Eine im Auftrag der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) durchgeführte und 2019 publizierte Studie hat sich intensiv mit Unterstützungsmöglichkeiten älterer Fahrer durch Fahrerassistenzsysteme beschäftigt. In diesem Zusammenhang wurden auch die wichtigsten fahrrelevanten, alterskorrelierten Leistungseinbußen zusammengefasst und bestimmten gewünschten Fahrerassistenzfunktionen beziehungsweise passenden Systemen zugeordnet (siehe Schaubild). Gleichzeitig thematisierte die Studie der BASt auch Hindernisse, die zu einer schnelleren Verbreitung von Fahrerassistenzsystemen bei Senioren führen. Wesentlich dabei sind demnach der Bekanntheitsgrad der unterschiedlichen Systeme und insbesondere das Wissen um Funktion und Grenzen der Systeme. Weitere Hinderungsgründe, die in einer Befragung der Zielgruppe erkannt wurden, waren aber auch die Befürchtung hoher Reparaturkosten bei einem Defekt der Systeme sowie Bedenken wegen der Intransparenz beim Umgang mit den gewonnenen Daten durch die Fahrzeughersteller erwachsen. Aufklärung tut hier in jedweder Hinsicht not.
VIELE SENIOREN SIND VOM NUTZEN ELEKTRONISCHER HELFER ÜBERZEUGT
Zum Thema Fahrerassistenzsysteme hat im Auftrag von DEKRA erst im Herbst 2020 das Marktund Meinungsforschungsunternehmen forsa eine repräsentative Befragung unter rund 2.000 zufällig ausgewählten deutschen Autofahrern in allen Altersklassen durchgeführt. Dass es Assistenzsysteme zur Unterstützung des Fahrers gibt, finden dabei grundsätzlich 81 Prozent der befragten Männer ab 65 Jahren und 70 Prozent der befragten Frauen ab 65 Jahren sehr gut oder gut. Die beiden genannten Altersgruppen verfügen laut ihren eigenen Angaben zu rund 80 Prozent (Männer) und mehr als 60 Prozent (Frauen) über Fahrzeuge, in denen Assistenzsysteme verbaut sind.
Bezüglich der Nutzung vorhandener Fahrerassistenzsysteme gibt es deutliche Unterschiede nach Alter und Geschlecht der Befragten: Ältere Frauen ab 65 Jahren haben weniger Kenntnisse beziehungsweise Erfahrungen mit den im Rahmen der Befragung zur Auswahl stehenden Systemen als der Durchschnitt der befragten Autofahrer. Männer und Frauen ab 65 Jahren nutzen mit großem Abstand am häufigsten die Einparkhilfe (73 beziehungsweise 55 Prozent), gefolgt vom (Fern-)Lichtassistenten (42 beziehungsweise 29 Prozent), dem Abstandsregeltempomaten (37 beziehungsweise 19 Prozent) und dem Spurverlassenswarner (33 beziehungsweise 17 Prozent). Allesamt fallen die Werte allerdings deutlich geringer aus als bei den 18- bis 44-Jährigen sowie den 45- bis 64-Jährigen. Am größten sind die Unterschiede beim Totwinkel- beziehungsweise Spurwechselassistenten. In der Altersgruppe der 18- bis 24-jährigen Männer gaben 48 Prozent an, ein solches System schon genutzt zu haben, bei den Senioren lediglich noch 22 Prozent. Bei den befragten Frauen war der Unterschied nicht ganz so deutlich, allerdings hatten das System nur 22 Prozent der Frauen der jungen Altersgruppe genutzt, bei den Seniorinnen waren es 14 Prozent.
Die Autofahrer wurden auch dazu befragt, welche Fahrerassistenzsysteme sie beim Kauf eines neuen Autos unbedingt im Auto haben wollen, sofern Geld keine Rolle spielen würde. Die Liste führt bei Männern und Frauen ab 65 Jahren auch hier die Einparkhilfe an (87 beziehungsweise 84 Prozent), gefolgt vom Abstandsregeltempomaten (74 beziehungsweise 59 Prozent), dem Totwinkel- beziehungsweise Spurwechselassistenten (72 beziehungsweise 75 Prozent), dem vorausschauenden Notbremsassistenten (71 beziehungsweise 60 Prozent) und dem Spurverlassenswarner (60 beziehungsweise 46 Prozent).
Je nach Fahrzeugmodell werden die Assistenzsysteme unterschiedlich bedient beziehungsweise sie lassen sich unterschiedlich ein- und ausschalten. Über alle Altersklassen hinweg halten es 83 Prozent der Befragten für erforderlich und sinnvoll, dass die Bedienung der Systeme in allen Autos – ähnlich wie etwa beim Blinker – möglichst einheitlich und standardisiert erfolgt. Von den Befragten ab 65 Jahren sind 89 Prozent dieserAnsicht, von den Befragten ab 75 Jahren sogar 95 Prozent.
Die Befragung hatte nicht zum Ziel, den Status quo an Fahrerassistenzsystemen im deutschen Markt zu erheben. Vielmehr ging es darum, mehr über das Wissen um die Funktion von Assistenzsystemen und die Wünsche und Erwartungen im Hinblick auf eine Fahrunterstützung zu erfahren. So zeigen die Umfrageergebnisse sehr deutlich, dass sich viele Leute gar nicht mit Assistenzsystemen auskennen beziehungsweise nicht wissen, welche Funktionen hinter welcher Benennung stecken oder welche Systeme sie wirklich in ihren Fahrzeugen haben. Rund 30 Prozent der Befragten haben angegeben, dass sie gar keine Assistenzsysteme in ihren Fahrzeugen haben. Dieses Ergebnis lässt sich nur schwerlich mit den Angaben zum Alter der genutzten Fahrzeuge oder auch dem deutschen Fahrzeugbestand bringen. Auf der anderen Seite haben rund zehn Prozent der Befragten angegeben, Erfahrungen mit Ausstiegsassistenten sowie Nachtsichtassistenten gemacht zu haben – also Systemen, die aktuell in kaum einem Fahrzeug erhältlich sind. Insgesamt wird Fahrerassistenzsystemen aber über alle Altersklassen hinweg ein hohes Nutzenpotenzial bescheinigt und die Befragten stehen solchen Systemen beim Kauf des nächsten Fahrzeugs positiv gegenüber.
Aufschlussreich sind neben der DEKRA Befragung durch forsa auch die Ergebnisse zahlreicher anderer Umfragen und Studien zu diesem Thema. So kommt zum Beispiel das in London ansässige National Center for Social Research in seiner 2019 veröffentlichten Publikation „Experiences of Advanced Driver Assistance Systems amongst Older Drivers“ ebenfalls zu dem Schluss, dass Senioren Fahrerassistenzsystemen gegenüber grundsätzlich aufgeschlossen sind, sich dabei aber eine hohe Benutzerfreundlichkeit und keine zu große Ablenkung wünschen. Senioren mit mehreren Gesundheitseinschränkungen zeigen dabei eine höhere Akzeptanz als völlig gesunde. Darüber hinaus wären aus Sicht der älteren Fahrer Systeme zu bevorzugen, die Informationen eher akustisch als visuell übermitteln. Geäußert wird aber zugleich auch die Furcht, von einem Assistenzsystem „abhängig“ zu werden.
Die auf der 11. International Conference on Automotive User Interfaces and Interactive Vehicular Applications im September 2019 in Utrecht vorgestellten Ergebnisse einer Online-Umfrage mit 1.328 Personen im Alter zwischen 65 und 95 Jahren zeigen ebenfalls, dass Fahrerassistenzsysteme insgesamt gut angenommen werden. Allerdings fällt die Akzeptanz für solche Systeme, die in das Fahren eingreifen, geringer aus als für reine Informationsassistenten. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist, dass Personen mit niedriger Kontrollüberzeugung im Umgang mit Technik – unter Kontrollüberzeugung versteht man in der Psychologie die subjektive Vorstellung darüber, ob man sein Verhalten in gewissen Situationen selbst kontrollieren kann oder es durch äußere Einwirkungen bestimmt wird – eher automatisch eingreifende Systeme präferieren, um nicht durch anderweitige Informationen beansprucht oder abgelenkt zu werden.
PRAXISTAUGLICHKEIT IST BEI DER FAHRZEUGAUSWAHL EIN WESENTLICHER ASPEKT
Neben der reinen Fahrzeugbedienung spielt auch der Komfort beim Ein- und Aussteigen, beim Laden und Entladen sowie während der Fahrt eine wichtige Rolle. Weit öffnende Türen, große Türöffnungen und eine erhöhte Sitzposition – passend zur jeweiligen Größe des Nutzers – erleichtern das Ein- und Aussteigen. Haltegriffe im Innenraum im oberen Drittel der A-Säule oder am Dach leisten eine weitere wesentliche Hilfe. Eine hohe Sitzposition begünstigt zudem die im Punkt Sicherheit genannte Rundumsicht. Eine ergonomische Sitzgestaltung und eine benutzerfreundliche Sitzeinstellmöglichkeit tragen, in Kombination mit der geeigneten Federung und Dämpfung des Fahrwerks, wesentlich zum Fahrkomfort bei und helfen so, länger aufmerksam und konzentriert zu bleiben.
Um das Ein- und Ausladen zu erleichtern, ist ein Abschluss des Kofferraums nach hinten ohne Rückwand hilfreich. Die optimale Höhe ist dagegen von der Größe des Nutzers abhängig. Ein kurzer Abstand zwischen Rücksitzlehne und Kofferraumende geht zwar zulasten des Ladevolumens, gleichzeitig können aber schwere Ladungsstücke auch von nicht so starken oder in der Beweglichkeit des Oberkörpers eingeschränkten Personen formschlüssig an die Rücksitzlehne geschoben werden. Bei größeren Kofferräumen empfehlen sich sogenannte Kofferraum-Organizer oder Kofferraumtaschen, die eine gute und einfache Ladungssicherung ermöglichen. Länge und Wendigkeit des Fahrzeugs spielen insbesondere dann eine Rolle, wenn die meisten Fahrten im innerörtlichen Bereich mit engen Straßen und Parkplatzmangel erfolgen.
SENIORENGERECHTE FAHRZEUGESTALTUNG GEWINNT AN BEDEUTUNG
Wichtig ist, sich vor dem Autokauf zu den genannten Aspekten zu informieren und mittels Probefahrten mit verschiedenen Fahrzeugen unterschiedlicher Hersteller die persönlichen Präferenzen zu „erfahren“ und so eine Rangliste zu erstellen. Hilfestellung bezüglich sinnvoller Kriterien oder sogar zur Fahrzeugauswahl geben zudem Tests, etwa von Versicherungen, Automobilclubs oder Seniorenverbänden, die aktuelle Fahrzeuge auf ihre Tauglichkeit für eine Nutzung durch ältere Menschen hin bewerten. Nur weil man sein Leben lang mit den Fahrzeugen eines bestimmten Herstellers gut gefahren ist, heißt das nicht, dass dessen Fahrzeuge auch seniorentauglich sind. Der sichere Erhalt der eigenen Mobilität erfordert an dieser Stelle gegebenenfalls Offenheit für den Wechsel.
Dem Thema der seniorengerechten Fahrzeuggestaltung wird bei den Fahrzeugherstellern eine unterschiedliche Bedeutung zugemessen. Einige Hersteller nutzen bei der Entwicklung sogenannte Alterssimulationsanzüge. Diese im Bereich der Gerontologie entwickelten „Anzüge“ helfen jungen Menschen, die altersbedingten Einschränkungen am eigenen Körper zu erleben. Die Anzüge decken dabei nicht nur mechanische und haptische Limitationen wie Kraft- und Beweglichkeitsverlust oder ein eingeschränktes Greifvermögen ab, sondern auch nachlassende Sehkraft und eingeschränkte Gesichtsfelder sowie Schwerhörigkeit oder auch koordinative Einschränkungen. Häufig vorkommende Situationen, wie die Bedienung eines Türgriffs, Ein- und Aussteigen, das Greifen des Sicherheitsgurts und Einstecken der Lasche in das Gurtschloss, das Drehen des Zündschlüssels – oder eben das deutlich einfachere Drücken eines Startknopfes –, sowie das Fahren selbst können so für Senioren optimiert werden.