Risikovergleich nach Art der Verkehrsteilnahme
Vergleicht man die verschiedenen Arten der Verkehrsteilnahme in Sachen Personenverkehr, wird schnell deutlich, dass das Risiko, bei einem Verkehrsunfall tödlich zu verunglücken, mit Personenkraftwagen immer noch um ein Vielfaches größer ist als mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Hauptgründe hierfür, so heißt es in einer Veröffentlichung des Statistischen Bundesamts von 2011 über „Verkehrsmittel im Risikovergleich“, dürften die umfangreicheren Sicherheitsvorkehrungen in öffentlichen Verkehrsmitteln und eine geringere Wahrscheinlichkeit von menschlichem Versagen sein.
Ein Vergleich der absoluten Zahlen für die einzelnen Arten der Verkehrsteilnahme zeigt, dass im Laufe eines Jahres die meisten Getöteten Insassen von Pkw sind. Betrachtet man aber die Getötetenzahlen getrennt nach den Ortslagen (innerorts, außerorts ohne Autobahn, Autobahn), ergeben sich markante Unterschiede. Demgegenüber sind die Unfallzahlen der übrigen Verkehrsmittel deutlich niedriger.
Die Gegenüberstellung der absoluten Zahlen von verunglückten Personen reicht jedoch nicht aus, um Aussagen zum Unfallrisiko der einzelnen Verkehrsmittel treffen zu können. Erst das Verhältnis von Unfällen und Verunglückten zu einer gemeinsamen Basiszahl – etwa der Häufigkeit der Nutzung – kann Aufschluss über das Risiko geben. Mögliche Größen, um die Nutzung eines Fahrzeuges zu messen, sind zum Beispiel der Fahrzeugbestand, die Zahl der in diesem Fahrzeug zugebrachten Stunden, die Zahl der damit beförderten Personen oder die Strecken, die damit zurückgelegt wurden.
Als Bezugsgröße zur Relativierung des Unfallgeschehens unterschiedlicher Verkehrsmittel scheint der sogenannte Personenkilometer nach Ansicht vieler Experten am besten geeignet. Denn durch die im Personenkilometer enthaltene Kombination der Verkehrsleistungen „gefahrene Kilometer“ und „Anzahl der beförderten Personen“ werden die Verzerrungen, die sich beim Benutzen nur einer dieser Messgrößen ergeben würden, ausgeglichen.
Im Jahr 2011 hat das Statistische Bundesamt die Zahl der Verletzten oder Getöteten pro einer Milliarde Personenkilometer im Durchschnitt der Jahre von 2005 bis 2009 für fünf Verkehrsmittel berechnet: Pkw, Bus, Eisenbahn, Straßenbahn und Flugzeug. Sowohl bei den Verletzten als auch bei den Getöteten war die Reihenfolge dieselbe. Mit Abstand am gefährlichsten war das Auto (276 Verletzte und 2,9 Getötete pro einer Milliarde Personenkilometer), gefolgt vom Bus (74/0,17), der Straßenbahn (42/0,16) und der Eisenbahn (2,7/0,04). Am sichersten war das Linienflugzeug mit 0,3 Verletzten und nahezu null Getöteten pro einer Milliarde Personenkilometer.
Dessen ungeachtet hat sich das Risiko, in einem Pkw tödlich zu verunglücken, in Deutschland seit 1995 um über 70 Prozent sehr deutlich und nachhaltig verringert – von circa sieben Getöteten je einer Milliarde Personenkilometer auf circa zwei Getötete je eine Milliarde Personenkilometer.
Damit sind die Insassen von Pkw heute nahezu genauso sicher unterwegs wie die Insassen der oft deutlich schwereren Güterkraftfahrzeuge. Nach wie vor ist aber das auf die Beförderungsleistung (Personenkilometer) bezogene Risiko, in einem Pkw tödlich zu verunglücken, deutlich größer als im öffentlichen Personenverkehr.
Die dargestellte Reihenfolge bleibt auch im EU-Vergleich bestehen. Allerdings gibt es noch ein gefährlicheres Verkehrsmittel als den Pkw: das Kraftrad. Pro einer Milliarde Personenkilometer sterben europaweit durchschnittlich 53 Biker. Allein in Deutschland war das Risiko, mit einem Kraftrad mit amtlichem Kennzeichen bei einem Verkehrsunfall ums Leben zu kommen, pro einer Milliarde Personenkilometer 24-mal so hoch wie beim Pkw. An dem hohen Risiko ändert sich auch nichts, wenn man den Fahrzeugbestand als Bezugsgröße nimmt. Beispiel Deutschland: Gemessen an ihrem Bestand verunglückten 2014 nach Auskunft des Statistischen Bundesamts je 100.000 Fahrzeuge vier Benutzer von Kleinkrafträdern mit Versicherungskennzeichen, 15 Benutzer von Krafträdern mit amtlichem Kennzeichen und vier Pkw-Insassen. Aus diesen Zahlen wird deutlich, dass erstens das Verletzungsrisiko auf Krafträdern insgesamt größer ist als im Auto und zweitens die Unfallfolgen für Benutzer von Krafträdern mit amtlichem Kennzeichen im Vergleich zu Benutzern von Krafträdern mit Versicherungskennzeichen sowie zu Pkw-Insassen schwerwiegender sind. Bei den Aufsaßen von Krafträdern mit amtlichem Kennzeichen kommen zwei Faktoren zusammen: Sie sind – trotz Schutzbekleidung – wesentlich schlechter geschützt als Pkw-Insassen und dabei mit deutlich größeren Geschwindigkeiten unterwegs als die Aufsaßen von Krafträdern mit Versicherungskennzeichen.
Getötete Businsassen in Deutschland und der EU
Seit 1995 enthalten die vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Daten auch Zahlen der bei Straßenverkehrsunfällen in Deutschland verunglückten Businsassen – aufgeteilt nach Reisebussen, Linienbussen, Schulbussen, Oberleitungsbussen und anderen/unbekannten Bussen, die von den unfallaufnehmenden Polizeibeamten den vorstehend genannten Arten nicht zugeordnet werden konnten. Die Zahlen sind insgesamt sehr klein und aufgrund einzelner schwerer Unfälle stark schwankend. So ereignete sich beispielsweise im September 2010 ein Unfall auf einer Autobahn, bei dem ein Reisebus gegen einen Brückenpfeiler prallte, nachdem ein Pkw mit dem Bus kollidiert war. Dabei kamen 13 Businsassen ums Leben. Das entspricht 59 Prozent aller 22 im Jahr 2010 getöteten Reisebusinsassen. Für die Jahre 1998, 2001 und 2006 weist die Statistik keinen infolge eines Unfalls auf deutschen Straßen getöteten Reisebusinsassen aus. Die „Vision Zero“ war somit für diese Verkehrsteilnehmergruppe bereits temporäre Realität. Allerdings gibt es auch einzelne Jahre (unter anderem 2007, 2010 und 2014), in denen die Zahl der getöteten Reisebusinsassen die Gesamtzahl aller getöteten Businsassen dominiert. Erfreulich ist, dass in Schulbussen in 15 einzelnen Jahren des dargestellten Zeitraums kein Insasse bei einem Straßenverkehrsunfall ums Leben kam. Auch EU-weit kommen bei Straßenverkehrsunfällen insgesamt vergleichsweise wenige Businsassen ums Leben. Anhand der von CARE veröffentlichten Langzeit-Datenreihen lässt sich die historische Entwicklung für 15 Staaten getrennt nach den Ortslagen von 1991 bis 2013 darstellen.
Die relativ kleinen Gesamtzahlen hatten ihr Maximum (267 Getötete) im Jahr 1992 und nahmen von 2001 bis 2010 um 61 Prozent ab, womit die im 3. Verkehrssicherheitsprogramm der EU angestrebte Halbierung übertroffen wurde.
Wie erkennbar, kommen Businsassen überwiegend bei Unfällen außerhalb Ortschaften ums Leben. Typischerweise sind es Insassen von Reise- beziehungsweise Fernlinienbussen. Während in einzelnen Jahren die Getöteten bei Unfällen auf Autobahnen dominierten, verunglückten sie in anderen Jahren häufiger auf übrigen Außerorts-Straßen.
Das Busunfallgeschehen wird immer wieder von einzelnen schweren Unfällen geprägt, bei denen in der Regel Reisebusinsassen getötet werden. So ist beispielsweise der Anstieg auf 118 Getötete im Jahr 2013 durch einen Unfall zu erklären, bei dem im Juli in Süditalien 38 Businsassen starben, weil das Fahrzeug einen 30 Meter tiefen Abhang hinabstürzte. Ein tragischer Fall ereignete sich darüber hinaus im Oktober 2015 in der Nähe der südwestfranzösischen Stadt Bordeaux mit 43 Getöteten.