Technische Mängel als Unfallursache
Diverse internationale Studien wie zum Beispiel die bereits erwähnte ETAC-Studie belegen, dass technische Fahrzeugmängel zu etwas mehr als fünf Prozent für Unfälle mit Güterkraftfahrzeugen verantwortlich sind. Auch hierbei ist von einer zusätzlichen Dunkelziffer auszugehen, da technische Fahrzeugmängel vor Ort in der Regel nur schwer oder gar nicht zu erkennen sind beziehungsweise in den meisten Fällen keine weitergehenden technischen Untersuchungen durch einen Sachverständigen stattfinden. Die niedrige Rate ist aber zweifelsohne auch ein Ergebnis des bestehenden Systems der Fahrzeugüberwachung mit qualifizierten Hauptuntersuchungen von Sachverständigenorganisationen wie DEKRA und anderen Dienstleistern.
Wie bei den Pkw zeigt sich auch bei den von DEKRA in den Jahren 2016 und 2017 durchgeführten Hauptuntersuchungen der in Deutschland zugelassenen schweren Lkw und Zugmaschinen über 12 Tonnen mit zunehmendem Alter eine ansteigende Mängelrate. Während bei den bis zu drei Jahre alten Fahrzeugen der Anteil von Fahrzeugen mit Mängeln knapp 22 Prozent betrug, lag dieser Anteil bei den über sieben Jahre alten Fahrzeugen schon bei über 50 Prozent, bei den über zwölf Jahre alten Fahrzeugen bei über 60 Prozent. Besser sah es bei den Anhängern ab 12 Tonnen aus. Hier wiesen 20 Prozent der bis zu drei Jahre alten Fahrzeuge und 44 Prozent der über 12 Jahre alten Fahrzeuge Mängel auf. Bei den mit Mängeln behafteten Baugruppen der Lkw und Zugmaschinen standen Elektrik und Licht mit großem Abstand an erster Stelle. Die Erklärung dafür ist in der hohen Zahl von Beleuchtungseinrichtungen dieser Fahrzeuge zu finden, die letztendlich zu einer großen Zahl von Mängeln in diesem Bereich führen. Bei den Anhängern waren die Bremsanlage sowie die Beleuchtungseinrichtungen die am häufigsten mit Mängeln behafteten Baugruppen. Grundsätzlich stiegen die Mängelraten über alle Baugruppen hinweg mit zunehmendem Alter – und das bei den Lkw und Zugmaschinen wie auch bei den Anhängern.
Eine vergleichbare Entwicklung ist bei den Transportern zu sehen, wie die Auswertung von DEKRA Daten der Jahre 2016 und 2017 zeigt (Schaubild 21). Während bei einer Laufleistung von bis zu 50.000 Kilometern 78,3 Prozent der untersuchten Fahrzeuge ohne Mängel waren, reduzierte sich dieser Anteil bei einer Laufleistung von 150.000 bis 200.000 Kilometer auf 37,6 Prozent. Die Zahl der erheblichen Mängel stieg in den genannten Laufleistungsklassen von 10,9 auf 39,2 Prozent. Mängel an Elektrik und Licht machten auch hier den Löwenanteil aus, gefolgt von Bremsen sowie Motor/Umwelt.
Neben den Ergebnissen aus dem DEKRA Prüfwesen geben auch die Analysen verunfallter Lkw interessante Aufschlüsse über die Mängel bei schweren Nutzfahrzeugen. Beim technischen Zustand zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen jüngeren und älteren Lkw. Die Analyse der von der Polizei vor Ort an der jeweiligen Unfallstelle gefundenen Mängel bei Nutzfahrzeugen über 3,5 Tonnen offenbart für die Jahre 2007 bis 2016, dass in Deutschland circa 41 Prozent der unfallrelevanten Mängel bei bis zu fünf Jahre alten Fahrzeugen auftraten. 59 Prozent der unfallrelevanten Mängel entfielen auf Fahrzeuge, die über fünf Jahre alt waren. Tatsache ist: Die Polizei kann vor Ort äußerlich erkennbare Mängel als solche detektieren. Eine detailliertere Untersuchung in einer Werkstatt durch unabhängige Gutachter offenbart in der Regel noch deutlich mehr Mängel. So stufte zum Beispiel die Polizei vor Ort in den Jahren 2006 bis 2017 zu 36,5 Prozent Mängel an den Reifen als unfallursächlich ein. Die detaillierte Analyse von DEKRA Gutachtern ergab bei allen unfallursächlichen Mängeln einen Anteil von 50 Prozent an der Bremse. Insgesamt sind Bereifung und Bremse bei Nutzfahrzeugen über 3,5 Tonnen die häufigsten unfallursächlichen technischen Mängel. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei Transporten bis 3,5 Tonnen. Die Zahlen unterstreichen die Wichtigkeit regelmäßiger Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten wie auch die Bedeutung der Hauptuntersuchung für die Sicherheit der Fahrzeuge.