Tatsache ist: Mit den neuen technischen Möglichkeiten und Mobilitätsangeboten sowie den sich wandelnden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen verändern sich auch die Bedürfnisse und Anforderungen an zeitgemäße Formen und Konzepte der Mobilität. Ferner ist zu erwarten, dass die beschriebenen Veränderungen im Mobilitätsverhalten auch mit einer deutlichen Veränderung des Verkehrsunfallgeschehens einhergehen werden. Die größten Veränderungen sind dabei neben den im Verkehrssicherheitsreport 2021 behandelten älteren Menschen nicht zuletzt bei jungen Menschen zu prognostizieren, da diese dem Wandel sehr offen gegenüberstehen und bereit sind, Neues auszuprobieren. Insbesondere ungeschützte Formen der Verkehrsteilnahme, also zum Beispiel ohne eine umgebende Knautschzone wie im Pkw, rücken damit immer mehr in den Fokus. Daher ist tendenziell mit einer Zunahme an Verunglückten in den Segmenten der zu Fuß Gehenden und Radfahrenden sowie bei Nutzerinnen und Nutzern der Mikromobilität zu rechnen. Durch Anpassungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen und der Infrastruktur wird auf diese Veränderungen reagiert. Zahlreiche Länder, insbesondere auch in Europa, haben in den letzten Jahren die jeweiligen Straßenverkehrsordnungen geändert und Schritte zur Gleichstellung der Verkehrsteilnehmer implementiert.
Mit den übergeordneten Zielen der „Vision Zero“, also eines Straßenverkehrs ohne Getötete oder Schwerverletzte, sowie einer ökologischen, nachhaltigen und bezahlbaren Mobilität für jeden und der Schaffung eines angenehmen Lebensstatt Verkehrsraums wird dabei der Ansatz verfolgt, dass jene Verkehrsteilnehmer, die im Falle einer Kollision am stärksten gefährdet sind, auch den höchsten Schutz erfahren. Dass dieses wichtige Vorgehen speziell bei den Autofahrenden auf wenig Gegenliebe stößt, zeigt sich überall dort, wo entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden. So hatte der im Januar 2022 eingeführte überarbeitete UK Highway Code kontroverse Diskussionen in Politik und Gesellschaft zur Folge.
Auch in Deutschland stießen die 2020 eingeführten Änderungen der Straßenverkehrsordnung mit Schritten zur Gleichstellung von Radfahrenden und zu Fuß Gehenden auf viel Gegenwehr. Insbesondere die entsprechenden Anpassungen des Bußgeldkatalogs wurden auch von Lobbyverbänden derart heftig kritisiert, dass wesentliche Teile rückgängig gemacht oder stark abgemildert wurden. Die erwarteten positiven Auswirkungen auf das Unfallgeschehen konnten so nicht oder nur eingeschränkt zum Tragen kommen. Dabei ist es gerade das Zusammenspiel unterschiedlicher beeinflussender Faktoren, das eine Verbesserung der Verkehrssicherheit im Allgemeinen und die bestimmter Teilnehmergruppen im Besonderen ausmacht.