Weltweit große Unterschiede
Die Entwicklung der Zahl der Verkehrstoten in vielen Staaten dieser Welt macht deutlich, welch große Herausforderungen damit verbunden sind, die Sicherheit auf den Straßen nachhaltig zu erhöhen. Während zum Beispiel in der EU im Jahr 2016 wieder ein positiver Trend zu verzeichnen war, ging die Zahl der Verkehrstoten in den USA steil nach oben. Damit sind die USA die Industrienation mit der höchsten Rate an Verkehrstoten überhaupt. Ein Gegensteuern ist dringend erforderlich. Aber auch die EU muss noch viele Anstrengungen unternehmen, um bis 2020 das erklärte Ziel einer Halbierung der Zahl der im Straßenverkehr Getöteten im Vergleich zum Jahr 2010 zu erreichen.
Rund 25.500: So viele Menschen kamen 2016 nach vorläufigen Zahlen der EU-Kommission in den Mitgliedsstaaten im Straßenverkehr ums Leben. Gegenüber dem Jahr 2015 bedeutet dies einen Rückgang um 600 Verkehrstote, über die letzten sechs Jahre hinweg ist die Zahl der Verkehrstoten um 19 Prozent gesunken. Der positive Trend der letzten Jahre ist zwar grundsätzlich erfreulich, nach Aussagen der für den Bereich Verkehr zuständigen EU-Kommissarin Violeta Bulc reicht er aber möglicherweise noch nicht aus, wenn die EU ihr Ziel der Halbierung der Zahl der Verkehrstoten im Zeitraum 2010 bis 2020 erreichen will. Hier seien alle Akteure aufgefordert, noch mehr zu tun. Dies gelte insbesondere für die nationalen und lokalen Behörden, die etwa im Rahmen der Durchsetzung von Vorschriften und der Sensibilisierung aller Verkehrsteilnehmer tagtäglich am stärksten gefordert sind.
Umfangreiches Maßnahmenpaket der EU
Die EU hat nach ihren Angaben bereits einen allgemeinen Regelungsrahmen mit Rechtsvorschriften und Empfehlungen zur Verbesserung der Straßenverkehrssicherheit geschaffen – so zum Beispiel durch die Einführung von Mindestanforderungen an das Sicherheitsmanagement der transeuropäischen Netze sowie technischer Vorschriften für die sichere Beförderung von Gefahrgütern. Darüber hinaus ermöglicht die im Mai 2015 in Kraft getretene Richtlinie über die grenzüberschreitende Durchsetzung von Verkehrsvorschriften, im Ausland begangene Verkehrsdelikte zu ahnden. Und mit den im April 2014 erlassenen neuen Rechtsvorschriften zur Prüfung der Verkehrstauglichkeit von Kraftfahrzeugen soll die Zahl der durch technische Mängel verursachten Unfälle reduziert werden.
Laut EU-Kommission wurde 2015 mit der Vereinbarung der Einführung einer neuen lebensrettenden Technologie ein weiterer Meilenstein für die Verkehrssicherheit gesetzt: Ab März 2018 werden alle neuen Modelle von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen mit dem E-Call-System ausgestattet. Es kontaktiert im Fall eines schweren Verkehrsunfalls automatisch eine ständig besetzte Notrufannahmestelle zum Beispiel über den einheitlichen europäischen Notruf 112 und übermittelt Rettungsdiensten den genauen Standort des Unfallfahrzeugs sowie Informationen zur erwarteten Unfallschwere. Durch E-Call soll sich die Wartezeit bis zum Eintreffen der Rettungsdienste in ländlichen Räumen um bis zu 50 Prozent und in städtischen Gebieten um bis zu 40 Prozent reduzieren. Schätzungen zufolge wird dies die Zahl der Todesfälle um mindestens vier Prozent und die Zahl der schweren Verletzungen um sechs Prozent verringern.
EU-weit vergleichsweise hohes Sicherheitsniveau - mit großen Unterschieden zwischen den Mitgliedsstaaten
Dessen ungeachtet zählen Europas Straßen laut einem Factsheet der EU-Kommission nach wie vor zu den sichersten der Welt: Bezogen auf je eine Million Einwohner starben 2016 bei Unfällen im Straßenverkehr in der EU 50 Menschen, weltweit dagegen 174 Menschen. Zwischen den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten bestehen dabei große Unterschiede. Im Jahr 2016 war Schweden das Land mit den wenigsten Verkehrstoten je eine Million Einwohner (27), gefolgt vom Vereinigten Königreich (28), den Niederlanden (33), Spanien (37), Dänemark (37), Deutschland (39) und Irland (40). Am schlechtesten schnitten Bulgarien (99), Rumänien (97), Lettland (80) und Polen (79) ab. Zu den Ländern, in denen in den Jahren 2015 und 2016 die Zahl der Verkehrstoten am stärksten zurückging, gehören Litauen (22 Prozent), Lettland (16 Prozent) und die Tschechische Republik (16 Prozent). 2016 lag das zweite Jahr in Folge in keinem der Mitgliedsstaaten der Anteil an Verkehrstoten je eine Million Einwohner über 100, meist blieb dieser Anteil unter 80. Zudem konnte fast die Hälfte der Mitgliedsstaaten ihre bislang beste Bilanz in der Straßenverkehrssicherheit seit 1965 vorweisen.
Was die Straßenarten anbelangt, ereigneten sich 2016 EU-weit im Durchschnitt nur etwa acht Prozent aller Todesfälle auf Autobahnen, 37 Prozent in Stadtgebieten und 55 Prozent auf Landstraßen. Die größte Gruppe der Verkehrsopfer bilden mit 46 Prozent die Pkw-Insassen. Zusammengenommen erreichen die schwächsten Verkehrsteilnehmer wie Fußgänger, Fahrradfahrer und Motorradfahrer denselben Anteil und sind vor allem in Stadtgebieten besonders gefährdet. 21 Prozent aller Verkehrstoten waren Fußgänger. Ihr Anteil ging langsamer zurück als der anderer Verkehrsteilnehmer (seit 2010 um 11 Prozent im Vergleich zu einem Rückgang um 19 Prozent insgesamt). Acht Prozent aller in der EU im Straßenverkehr tödlich Verunglückten sind Radfahrer. Auf die bei einem Unfall ebenfalls nur wenig geschützten Motorradfahrer entfallen 14 Prozent der Verkehrstoten. Der Rückgang bei den tödlich verunglückten schwächeren Verkehrsteilnehmern fiel deutlich geringer aus als bei den Verkehrsteilnehmern insgesamt.
Wie erwähnt, fällt die Entwicklung der Verkehrsopferzahlen auch 2016 in den EU-Mitgliedsstaaten wieder sehr unterschiedlich aus. Während beispielsweise in Deutschland bei den Verkehrstoten im Vergleich zum Vorjahr ein Rückgang um 7,3 Prozent zu verzeichnen ist und damit der negative Trend der beiden Vorjahre gestoppt werden konnte, blieb die Zahl in Frankreich mit einem minimalen Zuwachs um 0,2 Prozent von 3.461 auf 3.469 Verkehrstote relativ konstant. Allerdings bedeutet dies für Frankreich im dritten Jahr in Folge einen Anstieg. Für einen großen Teil der Unfälle mit Personenschaden waren überhöhte Geschwindigkeit, Alkohol am Steuer – vor allem auch seitens junger Autofahrerinnen und Autofahrer –, Regelmissachtung und Ablenkung verantwortlich. Mit 15 Prozent mehr Verkehrstoten gab es bei den Fußgängern die größte Zunahme.
Ein Anstieg um 2,5 Prozent von 1.130 auf 1.160 Verkehrstote ist 2016 auch in Spanien zu beklagen. Italien dürfte 2016 dagegen zu den EU-Mitgliedsstaaten mit einem klaren Rückgang bei Verkehrstoten zählen. Nach vorläufigen Zahlen kamen zumindest in den ersten sechs Monaten 5 Prozent weniger Menschen im Straßenverkehr ums Leben als im ersten Halbjahr 2015.